Interview vom 02.12.2020

Thomas F. Koch: Frau Hoffmann, kann man mit Tanz etwas ausdrücken, dass man auf keine andere Art und Weise ausdrücken kann?

Reinhild Hoffmann: Der Tanz hat den Körper als Instrument, kein Körper gleicht einem anderen, die damit verbundene Unmittelbarkeit und Unverwechselbarkeit dieser Ausdrucksform ist das Besondere am Tanz. 

Koch: Sie waren bis 1995 ausschließlich als Choreographin und Tänzerin beschäftigt. Woher kam nach dem Ende am Schauspielhaus Bochum der Wille etwas völlig neues zu beginnen?

Hoffmann: Eine neue Herausforderung habe ich nie gescheut. Nach zwanzig Jahren Ensemblearbeit in der ich vorwiegend für 18 Tänzer eigene Stücke entwickelt habe und an ein Theater gebunden war habe ich eine Veränderung in meiner künstlerischen Arbeit gesucht.

Koch: Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit in Oper und Musiktheater von Ihren früheren Aufgaben?

Hoffmann: Die musikalische Vorgabe bestimmt die Arbeit als Opernregisseurin. Der Freiraum für die Interpretation muss innerhalb der zeitlichen und thematischen Struktur gefunden werden. Wichtig ist das  Ausloten von optischen und akustischen Vorgängen zu einer meist sehr komplexen Musik.

Koch: Sie reden im Rahmen eines Symposiums in Dortmund über „Grenzen und Kreativität“. Viele würden die beiden Begriffe erst einmal als Gegensätze empfinden, was bedeuten diese Begriffe für Sie?

Hoffmann: Eine selbst  auferlegte Begrenzung, ein innehalten oder verweilen an einem Gegenstand bietet ungeahnte Möglichkeiten, schöpferisches Potential zu entfalten und dabei eine Welt zu entdecken.

Koch: Kreativität spielt auch im Rahmen des Symposiums „Kunst fördert Wirtschaft“, bei dem Sie Ende November sprechen werden, eine große Rolle. Was denken Sie, kann die Wirtschaft von der Kunst lernen, insbesondere vom Tanz?

Hoffmann: Der Körper  reagiert wie ein  Seismograph, wenn man lernt ihn wahrzunehmen, werden Grenzen und überschreiten von Grenzen spürbar.  Kunst ist  ein Spiel mit Grenzerfahrung.