Rosa Wissenschaft oder nichts als kunst?


01. Juli 1998

Die IDfactory erprobt die Zusammenarbeit von vermeintlich nicht kompatiblen Bereichen: Kunst und Wissenschaft auf dem Boden der Tatsachen. Das von Brigitte Hitschler in die Gebäude transferierte Zitat “Wir zweifeln jetzt anders” ist Kultzitat der TU Dortmund geworden.

Ein vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung und dem Rektorat der Universität gefördertes Projekt an der Technischen Universität Dortmund mit dem Ziel der Vernetzung und Integration künstlerischer und wissenschaftlich-technischer Fachbereiche.

Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit konnten ortsbezogene künstlerische Arbeiten, entworfen und ausgeführt von examinierten Studentinnen und Studenten des Instituts für Kunst und ihre Didaktik, entwickelt und verwirklicht werden. Die Realisation der ersten drei Objekte war möglich durch die Kooperation der Fachbereiche Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauwesen/ Architektur, Chemietechnik, Philosophie, Musik und Kunst.

Am 1. Juli 1998 wurden die ersten drei Arbeiten des Projektes im Rahmen einer Eröffnungsfeier vorgestellt.

Ralf Friedrich

SCHWAMMKUBUS

Interaktive Außenplastik  – streng sinnlich

Ein Schwamm atmet. Flüchtig betrachtet sieht der Schwammkubus aus wie eine reine Skulptur. Es ist dies, aber auch ein künstlerisches Experiment, das auf die Mitwirkung von Zeit, Sonnenschein Regen und vorübergehenden Menschen setzt. Ein Würfel aus Polyester, fixiert zwischen einer Stahlplatte und einem Betonsockel, atmet in einem sehr trägen Rhythmus. Atemzentrum ist die im Innern der Figur verborgene Mechanik: Sobald fünfzig Personen eine mit einem Mikroprozessor verbundene Radarschranke passiert haben, startet ein Elektromotor. Er bewegt eine Spindel, die die obenauf liegende Stahlplatte innerhalb von fünf Minuten um zwanzig Zentimeter nach unten zieht; der Schwamm  wird zusammengepresst. Weitere fünf Minuten steht die Apparatur still und kehrt anschließend in weiteren fünf Minuten in die  Ausgangsstellung zurück.  

Ralf Friedrich: Schwammkubus

Uwe Zielke-Steffen

STADT LAND FLUSS

Zeit – eine geschlossene Kiste, der man ansieht, dass sie leer ist.

Mit dem Skulpturen-Projekt thematisiert Uwe Zielke-Steffen Raum und Räumlichkeit in abstrakter und konkreter Weise. Auf  dem Campus entstanden drei verschiedene Arbeiten aus Stahlspundwänden je an einem spezifischen Ort.

Skulptur 1

Monolithisch ragt sie auf einer Fläche von nur einem Quadratmeter aus dem Boden auf. Bei einer Höhe von vier Metern besitzt sie die größte vertikale Dimension der Objekte. Zentral zwischen der Pädagogischen Hochschule und der unterirdischen Haltestelle der S-Bahn an einem Fußweg gelegen dominiert sie von diesem Ort aus ihr Umfeld.

Skulptur 2

Auf einem langgestreckten Parkplatz in unmittelbarer Nähe der Bibliothek hat sie einen weiteren neuen Ort auf quadratischem Grundriss geschaffen, direkt auf dem Asphalt mit einer Grundfläche von 2,1  x  2,1 m  und  einer  Höhe  von 2 m besetzt sie einen Stellplatz. Durch die Platzierung in unmittelbarer Nähe der Fußgängerbrücke ermöglicht die Skulptur einen Blick in ihren Innen-Raum.

Skulptur 3

Skulptur Nr. 3 zeigt in besonderem Maße, wie der Dialog mit den materiellen Bedingungen des Raumes aufgenommen wird. Die topologische Ausgangslage am Institutsgebäude Sport konstituiert sich aus einem Hügel und dessen Scheitelpunkt. Auf insgesamt 4,5m x 4,5m wächst das Objekt mit einer maximalen Kantenhöhe von nur 0,70m auzs diesem Hügel heraus, dessen Gefälle festlegt, in welchen Höhe die Spundwände sichtbar bleiben.

Uwe Zielke-Steffen: Stadt Land Fluss
Uwe Zielke-Steffen: Stadt Land Fluss

Brigitte Hitschler

WIR ZWEIFELN JETZT ANDERS

Dieser Satz des Philosophen Vilém Flusser hängt auf dem Campus Nord der Universität.

Jedes Wort  –  in großer Schrift aus blau lackiertem  Edelstahl gefertigt –  ist an einem anderen Gebäude angebracht.

„Wir sind Knoten in einem Netz, Knoten, in welchen Fäden zusammenkommen und auseinanderfließen. Die Stellung eines jeden  Knoten im Netz verschiebt sich ständig, je nach der Intensität der enpfangenen und ausgesandten Informationen, und das ganze Netz schwingt, wogt und verdichtet sich an einigen Stellen und wird an anderen dünner.“ (Vilém Flusser)

Die Universität  als Ort der Konzentration von Menschen, Forschung und Visionen nimmt diese Veränderungen seismografisch auf und setzt sie um, schwingt, wogt und verdichtet sich – wird selbst Ausgangspunkt der Veränderungen.

Wo dokumentiert sich der neue, postmoderne Zweifel besser als gerade hier?

Der wirkliche Zweifel ist anders.

Brigitte Hitschler: Wir zweifeln jetzt anders
Brigitte Hitschler: Wir zweifeln jetzt anders
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